Das Team von Joan Rallo-Fernández spendete seine Mannschaftskasse an die Initiative „Omas gegen Rechts“. (Foto: Borchers)
Das Team von Joan Rallo-Fernández spendete seine Mannschaftskasse an die Initiative „Omas gegen Rechts“. (Foto: Borchers)

1. Herren unterstützen „Omas gegen Rechts“

Die Basketballer des VfL Stade wollten ihre Mannschaftskasse eigentlich für einen Teamabend plündern. Coronabedingt ging das aber nicht. Und so spendeten sie das Geld und setzten damit ein Zeichen gegen Rassismus.


Wer bis zu fünf Minuten zu spät zum Training kommt, zahlt zwei Euro in die Mannschaftskasse; wer bis zu 15 Minuten zu spät kommt, zahlt fünf Euro; wer noch später kommt, zahlt 20 Euro. So steht es im Strafenkatalog der Regionalliga-Basketballer des VfL Stade. Mehr noch: Wer im Punktspiel ein technisches Foul begeht, zahlt zehn Euro.


Außerdem werden die Basketballer zur Kasse gebeten, wenn das Handy bei der Ansprache klingelt, wenn jemand sein Trikot vergisst oder Schokolade vor dem Training isst – in letzterem Fall sind zwei Euro fällig. Und es funktioniert gut, sagt Trainer Joan Rallo Fernández. „Es gibt Strafen, die gut für die Mannschaft sind, und es gibt andere, die sehr lustig sind und gut für die Stimmung.“
So oder so landen einige Hundert Euro in der Mannschaftskasse. Was aber tun, wenn das Geld nicht ausgegeben werden kann, weil die Restaurants geschlossen sind und ein netter Abend mit der Mannschaft nicht möglich ist? Spenden – und damit ein Zeichen gegen Rassismus setzen.


Zufällige Begegnung


Ende vergangenen Jahres waren die VfL-Basketballer auf dem Stader Wochenmarkt unterwegs. „Für uns ist es sehr wichtig, was und wie wir essen“, sagt Trainer Fernández. Seine jungen Spieler sollten lernen, was es bedeutet, sich gesund und nachhaltig zu ernähren mit Produkten aus der Region. Bei der Aktion trafen sie dann zufällig auf einige Mitglieder der Initiative „Omas gegen Rechts“. Sie schossen Fotos, unterhielten sich, stellten fest, dass einige Omas bereits VfL-Spiele besucht hätten.
„Wir haben entschieden, dass wir den Omas das Geld aus den Mannschaftskasse spenden“, sagt Fernández. Rund 300 Euro. Bei einem späteren Treffen übergab der VfL-Trainer ein Shirt mit den Unterschriften der Mannschaft.


Kapitän Jamo Ruppert wertet es als starkes Zeichen, das gesamte Geld an eine Organisation zu spenden, „anstatt es in ein Teamessen zu investieren“. Ihn beeindruckt, dass die „Omas“ sich trotz ihres wohl verdienten Ruhestands immer noch für Minderheiten und Menschen einsetzten, die es im Leben nicht leicht hätten.


Für die Demokratie


Die Initiative wurde vor drei Jahren auf Facebook gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, sich in den politischen Diskurs einzumischen. „Mit augenfälliger Symbolik erheben ältere Frauen, sogenannte OMAS, ihre Stimme zu den gefährlichen Problemen und Fragestellungen der heutigen Zeit“, heißt es in den Grundsätzen der Initiative. Sie setzt sich ein für eine demokratische, rechtsstaatlich organisierte, freie Gesellschaft – und gegen faschistische Tendenzen, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung.


„Ich denke, Rassismus ist ein generationsübergreifendes Problem, wogegen alle ankämpfen sollten. Egal ob jung oder alt“, sagt Kapitän Ruppert. „Die Omas machen eine tolle Arbeit“, sagt Trainer Fernández. Er, selber Spanier, und seine Mannschaft unterstützten die Werte, die die Initiative vertritt. „Wir müssen gegen Rassismus kämpfen und die europäischen Werte verteidigen: Respekt, Freiheit, Demokratie“, sagt Fernández. Die Stader Basketballer können sich vorstellen, „Omas gegen Rechts“ künftig weiterhin zu unterstützen.

23. Januar 2021

Quelle: Stader Tageblatt

Autor: Tim Scholz