Arth Louis Pañares, genannt Lucky, geht seit 2015 für den VfL Stade auf Korbjagd. (Foto: Farah)
Arth Louis Pañares, genannt Lucky, geht seit 2015 für den VfL Stade auf Korbjagd. (Foto: Farah)

„Lucky“ träumt von der Bundesliga

Am Wochenende hat der Basketballer Arth Louis Pañares vom VfL Stade für Aufsehen gesorgt. Der 15 Jahre alte Aufbauspieler fiel bei seinem Debüt in der dritthöchsten Spielklasse mit einer besonders gelungenen Aktion auf.

 

Der VfL Stade hat den Ball in der Defensive erobert, er landet bei Arth Louis Pañares. Doch wohin damit? Die Uhr zählt gnadenlos runter. Noch fünf Sekunden, dann ist das erste Viertel vorbei. Vier. Drei. Zwei. Auf Höhe der Mittellinie entscheidet sich Pañares zum Wurf. Er drückt sich vom Boden ab und befördert den Ball mit Schwung über das halbe Spielfeld, 14 Meter weit. „Lucky“, wie Pañares genannt wird, trifft in letzter Sekunde in den Korb und steht nun lächelnd da.

 

„Ich weiß nicht, ob ich einfach nur überrascht war, oder nicht wusste, wie ich reagieren sollte“, sagt Pañares einen Tag danach. Es war kein gewöhnlicher Wurf. Pañares, erst 15 Jahre alt, markierte mit diesem Dreier seine ersten Punkte überhaupt für den VfL Stade bei seinem Debüt in der 1. Regionalliga Nord, der dritthöchsten Spielklasse im deutschen Basketball. Wenige Sekunden vorher war er für Leistungsträger Yettra Specks eingewechselt worden.

 

Am Ende gewinnt der VfL Stade mit 112:75 gegen den Vorletzten aus Bremen. Pañares kommt knapp 17 Minuten zum Einsatz, erzielt fünf Punkte, verzeichnet einen Offensiv-Rebound und einen Steal. „Das war ganz ordentlich“, sagt er. Der Rookie im VfL-Team legt seit seinem ersten Training vor drei Jahren einen enormen Ehrgeiz an den Tag. Nachwuchstrainer Justin Moradi sagt, dass er selten einen so von innen heraus motivierten Jugendspieler gesehen habe.

43 Zentimeter Unterschied sind es zwischen Lucky (1,67 Meter) und Center Jan-Christian Both (2,10 Meter). (Foto: Scholz)
43 Zentimeter Unterschied sind es zwischen Lucky (1,67 Meter) und Center Jan-Christian Both (2,10 Meter). (Foto: Scholz)

„Ich muss immer den Überblick haben"

 

Am Montagabend steht Pañares anderthalb Stunden vor dem Training alleine in der BBS-Halle und wirft Körbe. Er trainiert seine schwache linke Hand, geht das Regionalliga-Spiel gedanklich durch und arbeitet an seinen Fehlern. Als Point Guard – Aufbauspieler, zu Deutsch – besetzt Pañares eine anspruchsvolle Position. „Ich muss immer den Überblick haben, muss schlau, körperlich und mental stark sein“, sagt er, „das ist keine leichte Sache.“ Dass er mit seinen 1,67 Meter meistens einer der Kleinsten ist, stachelt ihn noch mehr an: „Ich muss doppelt so hart arbeiten wie die anderen.“

 

Das macht Pañares gerne. Basketball ist sein Leben, seine Leidenschaft. Diese Einstellung leben viele seiner Landsleute auf den Philippinen vor. Basketball sei dort zwar kein Volkssport, sagt Pañares, aber die Menschen sind verrückt danach, vor allem nach der heimischen Liga und der US-Profiliga NBA. Überall hingen Körbe, selbst an Bäumen. Gespielt werde selbst bei den stärksten Regengüssen. Doch weil Pañares relativ klein ist, hatte er Probleme, in einem Team Fuß zu fassen.

 

Als seine Mutter ihm Geld gab, um sich etwas Sinnvolles zu kaufen, ging Pañares los und kaufte einen Basketball. Da war er zwölf. Nach der Schule trainierte er alleine, verbesserte Dribbling und Schnelligkeit. Vor drei Jahren dann folgte er seiner Mutter nach Stade. Pañares besucht seither die Realschule Camper Höhe und ist Mitglied beim VfL Stade. „Mein Vater hat mir empfohlen, zum VfL zu gehen“, erinnert sich Pañares.

 

Der erste Eindruck, sagt sein damaliger U14-Coach Manuel Reiter, sei okay gewesen. „Man hat noch nicht gesehen, was er alles kann.“ Erst später ließ Pañares Athletik, Sprungkraft und Schnelligkeit aufblitzen. „Auffällig war auch, dass er sehr kommunikativ ist“, sagt Reiter. Da im Basketball häufig Englisch gesprochen wird, gab es anfangs auch kaum sprachliche Probleme auf dem Feld.

 

Auch in der Jugendbundesliga auf Punktejagd

 

Seither hat es Pañares weit gebracht. Nicht nur beim VfL Stade, bei dem er aktuell mit der U 16 in der Landesliga und mit den Herren in der 1. Regionalliga spielt. Er geht auch für die Hamburg Sharks in der Jugendbundesliga auf Punktejagd. Nach seinem ersten Jahr beim VfL wurde Pañares von Scouts der Sharks gesichtet. Bei einem Tryout gab er alles und setzte sich durch. So kommt Pañares nun auf bis zu sieben Trainingseinheiten in der Woche. „Das ist anstrengend“, sagt er. Aber: „Hard work pays off.“ Harte Arbeit zahlt sich aus.

 

Pañares empfindet es als Ehre, in der Jugendbundesliga zu spielen. Die Sharks messen sich mit Mannschaften aus ganz Deutschland. Das Niveau des Trainings ist höher als in Stade. „Jeder hat die Einstellung, Profi werden zu wollen“, sagt Pañares, „das ist der Unterschied.“ Es gibt Athletiktraining; es wird an Feinheiten gearbeitet, um das Spielverständnis zu fördern; in Sommercamps trainieren die Talente drei Mal am Tag. Der Nachteil: Die Sharks haben anders als viele ihrer Ligarivalen keinen Überbau im Herrenbereich. Pañares und seine Mitspieler müssen also noch härter arbeiten, um sich in den Fokus hochklassiger Teams zu spielen.

 

Pañares träumt von der Basketball-Bundesliga. Motivation und Trainingsfleiß stimmen bereits, sagen sie beim VfL Stade. Schnelligkeit und Abwehr sind seine großen Stärken. Doch da ist noch die Sache mit der Körpergröße. Pañares und seine Trainer wissen, dass es dadurch schwierig werden könne – sollte er nicht noch einige Zentimeter wachsen.

 

Im Regionalliga-Team zeigen sich die Unterschiede deutlich. Sein Vorbild und Point-Guard-Kollege Yettra Specks ist elf Zentimeter größer. Ganz zu schweigen von Jan-Christian Both, der 2,10 Meter große Center. Dieser bescheinigt seinem jungen Mitspieler einen guten Job. „Er muss natürlich noch von der Physis zulegen, er wird aber immer ruhiger am Ball. Das ist wichtig auf so einer schwierigen Position.“

 

Both saß auf der Bank, als Pañares am vergangenen Wochenende den Dreier von der Mittellinie erzielte. „Ich habe gesehen, dass nur noch zwei Sekunden auf der Uhr sind. Da habe ich gerufen: Wirf, Lucky, wirf!“ Pañares hat das nicht wahrgenommen. Wenig später stand er da und lächelte.

6. März 2018

Quelle: Stader Tageblatt

Autor: Tim Scholz